Ohren auf beim Übersetzen!
Bilderbücher kultursensitiv übersetzen
Projekt von Viktoriya Stukalenko
Kurzübersicht
Der Workshop beschäftigt sich mit der spielerischen Hinführung der mehrsprachigen Teilnehmer·innen zur literarischen Übersetzung. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Übersetzung und transkulturellen Vermittlung von (Sach-)Bilderbüchern. Über die erste Übersetzungsversuche sowie zahlreiche Aktivitäten rund um den Text- und Sprachenvergleich werden die Teilnehmenden für sprachlich-kulturelle Asymmetrien und deren vielfältige Überwindungswege sensibilisiert. Durch experimentelle Methoden des „kreativen Übersetzens“ werden schöpferische Denkprozesse spielerisch angeregt und gefördert. Der Fokus liegt auf Deutsch-Ukrainisch; viele Methoden lassen sich aber auf andere Sprachen übertragen.
Workshopidee
Übersetzer·innen sind bekanntlich die scharfsinnigsten Leser·innen. Kann jeder/ jede von uns Übersetzer·in werden? Ist Übersetzen erlernbar? In diesem deutsch-ukrainischen Workshop werden die ersten Übersetzungsversuche unternommen sowie Auge und Ohr „übersetzerisch“ trainiert.
Der Workshop richtet den Blick auf das Potential von Mehrsprachigkeit der Teilnehmenden als zusätzliche Kompetenz. Durch visuelle Darstellung der eigenen Sprachgeschichten („Sprachenporträts“) erkennen die Teilnehmenden, dass sie durch ihren individuellen biografischen Hintergrund zwischen mehreren Sprachwelten unterwegs sind und als Sprachmittler·innen agieren können.
Anhand eines mehrfach übersetzten Sachbilderbuchs versuchen die jungen Sprachexpert·innen, die spezifischen Herausforderungen bei der Wiedergabe von lautmalerischen Wörtern und Realien in ihre Muttersprachen zu erarbeiten. Klingt die Welt auf Ukrainisch anders als auf Deutsch, Englisch oder Albanisch? Wie genau muss eine Übersetzung sein?
Mithilfe des Kamishibai-Sets (“Bilderbuchkino”) wird im Workshop eine Bilderbuchgeschichte auf Deutsch und Ukrainisch präsentiert. Die Situation des zweisprachigen szenischen Erzählens wird dabei als authentische Sprachmittlungssituation (Translation im Theater) dargestellt. Im Zentrum steht hier u. a. die Entwicklung des Bewusstseins für die rhythmischen Besonderheiten des Originals im Spiegel der Übersetzung. Anhand des zweisprachigen Materials wird außerdem gezeigt, dass Übersetzung über die Beibehaltung der bloßen Worte hinausgeht.
Übungen zur „kreativen Übersetzung“ (Siehe Übung Blackout kontrastiv) zielen darauf ab, mit Originaltexten zu experimentieren und die Lust am Übersetzen spielerisch zu wecken.
Die Einladung einer professionellen Literaturübersetzerin und das Gespräch über den Beruf rundet den Workshop ab.
“Toll, wie viele Sprachen ich in mir trage! Ich möchte noch mehr lernen.“ Teilnehmer
Format:
- Übersetzungswerkstatt in der Schule: Spielerische Einführung in das Literaturübersetzen. Erste Übersetzungsversuche
Gruppenstärke:
- 9-12 Teilnehmer·innen
Ziele und Wirkungen:
- Förderung der sprachmittlerischen und interkulturellen Kompetenzen durch performative Zugänge
- Reflexion der eigenen Sprachkompetenzen und übersetzerischen Fähigkeiten
- Kreatives Schreiben und Übersetzen über Sprachgrenzen hinweg
- Intersprachliche und interkulturelle Vergleiche, Interkulturelle Kommunikation
- Förderung der auditiven Wahrnehmung und Konzentration bei der Textarbeit
- Implizites Sprachenlernen durch kontrastive Textarbeit
- Freude beim Experimentieren mit der Sprache, Überwindung von Sprachhemmnissen
- Förderung der Kreativität bei der Auseinandersetzung mit den sprachlich-kulturellen Asymmetrien
Dauer:
- Bis zu fünf Sitzungen à 90 Minuten (ggf. eine andere Aufteilung je nach Spezifik und Bedarf der Gruppe)
Material:
- Handouts, Filzstifte, Papier, Kamishibai-Set.
Textmaterial:
- Romanyschyn, Romana / Lessiw, Andrij (2021). Hören. [Orig.: Голосно, тихо, пошепки, 2018]. Übersetzung aus dem Ukrainischen: Claudia Dathe. Hildesheim: Gerstenberg Verlag
- Paralleltexte für Blackout-Methode (z. B. Carroll, Lewis. Alice hinter den Spiegeln. Übers.: Jan Strümpel. Köln: Anaconda Verlag, 2012, S. 25. Керролл, Льюіс. Аліса в Задзеркаллі. Перекл: [Übers.] Володимир Панченко. Kyiv: Art Nation, 2018, S. 21. Oder andere Paralleltexte (jeweils 1 Seite vom Original und Übersetzung), am besten aus den wenig illustrierten Kinderbüchern)
- Zweisprachige (de-ukr.) Bildkartensets der Kamishibai-Reihe, z.B. Scheffler, Ursel; Timm, Jutta (2018). Alle nannten ihn Tomate. Eine Geschichte über Vorurteile und Toleranz/ Усі називали його Помідором. Übersetzung ins Ukrainische: Svitlana Reiner. Bildkartenset: Deutsch-Ukrainisch München: Hase und Igel Verlag
- Handouts mit Textbeispielen (Poetische Mikrogedichte, „Käfer“ – siehe Material unten)
- Nachschlagwerke zum Stöbern
Setting:
- Raum mit Tischen und Stühlen, Möglichkeit der Gruppenarbeit
- Beamer mit PC
Vorbereitung und Aufwand:
- gering
Sprachen:
- Deutsch, Ukrainisch, Russisch
“Перекладати не легко, але це захоплює. Весело було перекладати разом” (dt.: „Übersetzen ist nicht leicht, doch spannend. Gemeinsam übersetzen macht Spaß!“) Teilnehmerin
Über den Workshop von Viktoriya Stukalenko:
Der Workshop “Ohren auf beim Übersetzen” fand im September 2023 mit zehn Schüler·innen der 5. und 6. Klasse der Eduard-Mörike-Grundschule Berlin statt. Zur Gruppe gehörten Kinder, die Deutsch als Zweit- bzw. Fremdsprache lernen, darunter auch vier Schüler·innen aus der Ukraine, die derzeit nicht ausreichende Deutschkenntnisse besitzen, um am Regelunterricht teilnehmen zu können. Charakteristisch für die Gruppe war außerdem, dass die Teilnehmer·innen jünger als die anderen Echt absolut-Gruppen waren. Der Workshop wurde von Anfang an altersgerecht aufbereitet und handlungsorientiert konzipiert: Auf das Thema “Literarisches Übersetzen” wurden die Kinder durch mehrere spielerische Aktivitäten und Übungen eingestimmt, um im Anschluss selbst in die Rolle des Sprach- und Kulturmittlers zu schlüpfen. Am letzten Workshoptag besuchte die Gruppe das Literarische Colloquium Berlin. Eingeladen war auch die Literaturübersetzerin Claudia Dathe (Übersetzerin aus dem Russischen und Ukrainischen, u.a. Yevgenia Belorusets, Tanja Maljartschuk und Serhij Zhadan) zu einem Gespräch über die Tätigkeit des Übersetzens. Im Anschluss fand eine zweisprachige (deutsch-ukrainische) Lesung eines Kinderbuches statt.
Über Viktoriya Stukalenko
Viktoriya Stukalenko wurde 1984 in Odessa geboren. Sie studierte Übersetzungswissenschaft und promovierte in Heidelberg. Ihr Volontariat absolvierte sie im Literarischen Colloquium Berlin. Sie lebt und arbeitet als freie Übersetzerin, Dolmetscherin und Sprachlehrerin in Berlin.
“Перекладати – це не переписувати текст іншою мовою. Одне слово може перекладатися двoма чи трьома словами. Це було для мене новим …” (dt.: “Übersetzen ist nicht bloß in einer anderen Sprache abtippen. Ein Wort kann mit zwei oder drei Wörtern übersetzt werden. Das war für mich neu”) Teilnehmer
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Methode "Blackout kontrastiv" - Durch Schwärzen von Fließtexten eigene Poesie entdecken und übersetzenVorschau/Download
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Methode "Vom Blatt Spielen" - zweisprachiges Erzähltheater mit Kamishibai (Bildersteckbrett)Vorschau/Download
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Methode "Käfer, der poetische" - Poesie entdecken durch vorgegene Form (3 Silbenpaare)Vorschau/Download
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Methode "Das klingende Haus" - erste Übersetzungen anhand eines Bilderbuchs, z.B. von lautmalerischen Geräuschen - dazu ArbeitsblattVorschau/Download
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Arbeitsblatt "Das klingende Haus" - erste Übersetzungen anhand eines Bilderbuchs, z.B. von lautmalerischen GeräuschenVorschau/Download
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Methode "Löffelspiel international" - Erzählübung im Stil der "Reise nach Jerusalem"Vorschau/Download
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Methode "Ich verstehe, was du meinst" - Entlehnungen aus dem Deutschen im Ukrainischen identifizierenVorschau/Download
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Methode "Sprachenporträts" - Körperumrisse ausmalen mit Assoziationen zu den Sprachen, die einen ausmachen (mit Bsp.) - dazu ArbeitsblattVorschau/Download
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Arbeitsblatt "Sprachenporträts - die Sprache(n) meines Lebens" - Körperumrisse ausmalen mit Assoziationen zu den Sprachen, die einen ausmachenVorschau/Download
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Methode "Ich verstehe, was du meinst" - Deutsche Entlehnungen in der ukrainischen Sprache erraten (mit Wortpaar-Zetteln)Vorschau/Download
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